"Verstehe den Geysir-Hype nicht.
Der Sprudel macht mich nur nass,
nicht an. Was mich nicht anmacht,
kann zumachen, klar?"
"Hallo, Frau Heil, die Fassade
von Ihrem Geysirhaus ist nicht
famos, sondern total vermoost!"
Blick zum Namedyer Werth
Federzeichnung der 15-jährigen
Lore Silbereisen von 1922
I. ............................................................
"Es gab Zweifel, ob wir mit so einem
klaren, sich überhaupt nicht anbie-
dernden Entwurf in Andernach einen
Wettbewerb gewinnen könnten. Die
Zweifel haben aber zum Glück nicht
dazu geführt, einem anderen Entwurf
den Vorzug zu geben."
Die Architektin und Projektleiterin
Mechthild Heil
II. ..........................................................
"Die interaktiven Exponate sind Uni-
kate, die es nur im Erlebniszentrum  
gibt. Das ist nicht selbstverständlich.  
In vielen Wissenschafts-Centern sind 
die gleichen Sachen zu finden. Da hat
sich Andernach schon ins Zeug gelegt!"
Marco Unterhaslberger von Art
Department Babelsberg, dem Aus-
stellungsmacher
Der Mensch im Blasenrausch

Den roten Faden bildet Kohlendioxid, das aus dem brodelnden Magma austritt und auf dem
Weg nach oben auf Grundwasser trifft. Mit ihm zusammen strebt es zur Erdoberfläche -   
und der Mensch strebt mit ihm. Durch Sandsäcke muss er sich den Weg bahnen wie das
Kohlendioxid durch den Schiefer. In einem "Blasenrauschraum"  wird er zu einem Molekül
unter Molekülen. Er erklimmt steile Treppen, hinter deren Wänden Grundwasser gluckert. 
In Plexiglassäulen darf er Mini-Geysire erzeugen, indem er Wasser mit Kohlendioxid nach       
oben pumpt. "Über" der Erde angekommen, kann er von einem Skywalk auf dem Dach in
Richtung Namedyer Werth blicken, dorthin, wo die Fontäne sprudelt. Das Schiff bringt ihn  
in einer kurzen Fahrt zur Halbinsel - auf die Geysir-Theorie folgt die Geysir-Liveshow.
Ein Architektur-Schmetterling...

Das inklusive Einrichtung fünf Millionen Euro teure Geysirzentrum war vor und während   
der zweijährigen Bauzeit heftig umstritten. Nach langer Verpuppung - der frostige Winter
hatte die Fertigstellung  verzögert - entsprang dann aber ein faszinierender Schmetterling
zeitgenössischer Architektur, ein Exot, der an der Rheinuferpromenade zunächst wie ein
Fremdkörper wirkt.
...als Spiegelbild der Umgebung

Eine blaue Fensterfuge über der Treppe symbolisiert den Keil, der das Gestein in Blöcke
zerlegt hat. Sie drohen auseinanderzufallen, werden von der Architektur nur mühsam
zusammengehalten. Der größere Block markiert die Eingangszone: "Der Besucher spürt,  
dass er unter den Stein, unter einen Felsvorsprung in die Erde hineingeht, dem Ursprung    
des Geysirs entgegen" (die Projektleiterin). Das Konzept des Baus verweist also auf die
heimatliche Landschaft, die geologische Eigenart der vulkanischen Osteifel. Entsprechend
ist der skulpturale Solitär mit einheimischem Vulkangestein, mit Weiberner Tuff und
Mendiger Basalt, verkleidet. Die Mauern vieler Häuser in den Gemeinden der Pellenz
bestehen aus Basalt; die Ortschaften sitzen an der Quelle des wertvollen Gesteins, dessen
Abbau sie wohlhabend gemacht hat. Anderswo sind Natursteinbauten der pure Luxus.
Eine echte Perle für die Provinz

Das Geysirzentrum ist für die Provinz eine Sensation. Zum zweiten Mal, nach dem mittel-
alterlichen Runden Turm, hat die Stadt ein Stück Baukunst von überregionaler Bedeutung
zugelassen. Das Andernacher Architekturbüro Rumpf, erfahren in der Arbeit für öffentliche
Bauherren - nach seinen Plänen entstand schon das neue Rathaus -, ist hier über sich selbst
hinausgewachsen. In der "Konrad-Adenauer-Bauwerk-Perlenkette der großen Fragezeichen",
wie ein auswärtiger Architekt die heterogene Bebauung von Andernachs Prachtallee nannte,
ist dieses Projekt fraglos eine echte Perle. Man wird wehmütig bei dem Gedanken, dass die
Leiterin des Projektteams gute Chancen hat, als Direktkandidatin ihrer Partei den Sprung in
den nächsten Bundestag zu schaffen. Abgeordnete hat das Land eher zu viel - demnächst 
noch "Politclown" Horst Schlämmer?! -, von guten Architekten kann es nie genug haben.
>> Nachtrag: Träume einer Kanzlerin

Kaum ist man ein Jahr Bundestagsabgeordnete, schon hat man die - amtsmüde? - Kanzlerin
am Hals: Im August empfing Frau Heil Frau Merkel in ihrem Wahlkreis und stellte dem 
hohen Besuch das Geysirzentrum vor (Bild). Ein Modell des Gebäudes haltend soll die
Regierungschefin geraunt haben: "Wäre ich doch Physikerin geblieben, dann könnte ich bei
euch als wissenschaftlicher Berater anheuern..." Dazu passt der Kommentar des namhaften
Psychologen Jürgen vom Scheidt, demzufolge "Träume nicht nur spannende Produkte unse-
rer Phantasie sind, sondern auch erstaunlich präzise Ratgeber, wenn man sich ihnen richtig
nähert". Nicht auszuschließen, dass Merkel als Beraterin der städtischen Geysir-Gesellschaft
besser performen würde wie als Kanzlerin...
© 2009-2023 Wolfgang Broemser
Du bist CO2!
"Dass Sie das alles so toll geschafft haben, dafür habe ich ein großes Stück Ehrfurcht."
Wie ein Ufo im Schrebergarten wirkt das neue Geysir-Erlebniszentrum an der großzügig
sanierten Konrad-Adenauer-Allee (die ganz Kecke schon mit der Croisette in Cannes
vergleichen). Der fast fensterlose Baukörper soll an von Menschenhand - sprich: der Bims-
industrie - gespaltenes Vulkangestein erinnern. In seinem Innern macht eine interaktive
Ausstellung spielerisch mit den Grundlagen des Andernacher Kaltwasser-Geysirs vertraut.
Der Besucher besteigt einen Schachtaufzug und fährt scheinbar 4000 Meter tief in eine mit
Magma gefüllte Kammer beziehungsweise in ein Basaltbergwerk - tatsächlich aber geht es   
in den zweiten Stock. Heiß wird´s auch noch - Illusion dient als Erkenntnismittel!
Die große Rhetorikerin Angela Merkel