Jahrelang scheiterten Versuche der Stadt,   
den nördlichen Teil des Weissheimer-Areals
an der Konrad-Adenauer-Allee zu verkaufen.   
Erst ein Investorenwettbewerb, aus dem  
die Anne-Ehl-Stiftung aus Urbar als Sieger
hervorging, brachte die Wende. Das von  
der Stiftung vorgeschlagene Konzept eines
gemischten Quartiers überzeugte Verwal-
tung und Stadtrat. Im Juni 2017 wurden  
ein Kauf- und ein städtebaulicher Vertrag
abgeschlossen, in dem der Investor sich   
dazu verpflichtete, das Projekt bis 2021
fertigzustellen. Es wurde schon ein Jahr
früher fertig.
 
Wo der Lavendel blüht, gingen einst
die Römer baden - und heute die
Bemühungen der Stadt, noch attrak-
tiver zu werden (s. unten)?
"Was ist schöner als ein Schlips?
Ein Schwips, hiks!"
Der Humpenheber alias Schwipsi,
langjähriger Werbe- und Sym-
pathieträger für Weissheimer
Ein Gigant fällt: Abriss der letzten Malzfabrik
Fast ein halbes Jahrhundert lang prägten die Gerste-Silos der Mälzerei Friedrich Weiss-
heimer die Silhouette Andernachs. Die Einwohner hatten sich an die erdrückende optische
Dominanz des Industriebaus inmitten der Altstadt gewöhnt. Die größte Malzfabrik Deutsch-
lands bot zwar nicht allzu viele Arbeitsplätze, war aber ein wichtiger Steuerzahler. Wegen
der räumlichen Enge beschloss die Firma schließlich aber, die Produktion in den Koblenzer
Hafen zu verlegen.

Abschied von einer bierseligen Ära

Doch dazu kam es nicht mehr, denn das Familienunternehmen musste 2006 Insolvenz an-
melden. Damit verschwand die älteste Malzfabrik Andernachs von der Bildfläche. In der
Blütezeit der Malzproduktion, im 19. Jahrhundert, waren in der Stadt 23 Betriebe tätig ge-
wesen. Die vorletzte Mälzerei, Mengelbier an der Koblenzer Straße, hatte 1998 die Segel
gestrichen. Dieses Schicksal ereilte nun auch Weissheimer. Die Stadt erwarb das Grundstück
und ließ die eigentlich denkmalgeschützten Firmengebäude - mit Ausnahme der ehemaligen
Verwaltung in der Schaarstraße, der "Villa Regia" - 2008 abreißen. Die Bewohner verfolgten
den monatelangen Abbruch mit Erleichterung, aber auch mit Wehmut - ein wichtiges Kapitel
der Stadtgeschichte wurde zugeschlagen.

Hängepartie & "Bürger-Buddeln"

Was dann kam, kann mit "Gut Ding will Weile haben" umschrieben werden, was ja von   
Verantwortungsgefühl und Weisheit zeugt - doch der Spruch hängt einem inzwischen zu den
Ohren heraus, und er war auch anfangs keineswegs Maxime des Handelns. Denn ursprüng-
lich sollte es mit einer Bebauung der Brache ganz schnell gehen: Schon als die archäolo-
gischen Ausgrabungen begannen, im Sommer 2008, fahndete die Stadt nach einem Investor,
stand auf der Wunschliste der Verwaltung ein Wellnesshotel ganz oben. Dass damals das
Grundstück nicht verkauft wurde, lag nur daran, dass kein geeigneter Kandidat aufkreuzte.
Über Jahre hinweg geschah nichts - bis auf die Aktivitäten der Archäologen, die sich wie im
Paradies fühlen mussten: Sie hatten endlich einmal endlos Zeit zu buddeln und luden sogar
interessierte Bürger ein, es ihnen - ehrenamtlich, versteht sich - gleichzutun.

Ja, macht nur einen Plan!

Schließlich schlug ein von der Stadt beauftragtes Koblenzer Architekturbüro eine Dreiteilung
des Geländes vor: Im Süden, entlang der Hochstraße, sollte eine Straßenrandbebauung mit
Wohnhäusern entstehen, in der Mitte ein archäologischer Garten, der die römischen und
mittelalterlichen Ausgrabungsfunde zeigt, und im Norden, zum Rhein hin, ein Hotel - oder
ebenfalls Wohnungen, falls das Hotel nicht zustandekommt. Das Konzept fand die Zustim-
mung des Stadtrats und floss in den geänderten Bebauungssplan für das Gebiet ein.
© Naujack, Rind, Hof
Nach den Vorstellungen des Architekten Tom Naujack führt vom Merowingerplatz (re.) eine Freitreppe
hinunter in den mehrere Meter unter dem Niveau der Hochstraße gelegenen archäologischen Garten.  
Der wird außerdem über die Kirchstraße (links) erschlossen. Die Römertherme soll, um vor der Witterung
geschützt zu sein, komplett eingehaust werden (im Park rechts oben), ein Café mit Sonnenterrasse für
Aufenthaltsqualität sorgen. Eine offene Stelle in der spätrömischen Kastellmauer (Mitte) verbindet mit  
dem Hotel (oben), das das Café betreiben könnte. Ein Museum soll die Kleinfunde zeigen; es könnte
entweder direkt im Park oder an der Ecke der geplanten neuen Häuserzeile am Merowingerplatz
entstehen.
© Gesell, Kriesten + Partner
 
Im Rückblick erstaunt es, dass der Stadtrat so wenig diskussionsfreudig war, als Tom Nau-
jack seinen Masterplan für die Gestaltung des Weissheimer-Geländes vorstellte. Denn alternativ
wären neue Wohnhäuser auch im westlichen Teil der Hochstraße möglich gewesen, schmale
Stadthäuser etwa, wie sie schon vor über dreißig Jahren in der Oberen Wallstraße entstanden.   
Im denkmalgeschützten Gebäude Nr. 11, dem ehemaligen Bürgermeisterhaus aus dem 18. Jahr-
hundert, hätte die Stadt Eigentumswohnungen schaffen können, wie schon in der "Villa Regia" in
der Schaarstraße. Die Wohnungen dort waren im Handumdrehen verkauft.
Bei einer Freihaltung der Hochstraße zwischen Kirchstraße und Merowingerplatz hätte sich      
der historische Garten* bis zur Hochstraße ausdehnen können. So wäre der Blick auf das Kolping-
haus, sprich: die Andernacher Altstadt, erhalten geblieben und der Garten nicht in eine Sandwich-
Position, zwischen die Neubauten an der Hochstraße und der Konrad-Adenauer-Allee, gezwängt
worden. Entlang der Stützmauer an der Hochstraße hätte man ein Stück "Essbare Stadt" -    
Obst, Gemüse, Spaliergehölze - anpflanzen können. Zusätzlich hätte ein Investor ein Café oder
Restaurant bauen können, das sich an die Mauer anlehnt, so, wie sich eine Orangerie an die 
Mauer eines Barockgartens anlehnt. Die Prosa der Reihenhäuser stört die Poesie des Gartens
jedenfalls empfindlich. Dazu tragen vor allem die Betonwälle der Tiefgarage bei, mögen sie noch   
so routiniert mit Grauwacke verkleidet sein.
*) Auch bei dieser Freifläche folgte die Verwaltung einem zweifelhaften Expertenrat. Dieselben Archäologen,  
die jahrelang das Gelände umgepflügt und tiefe Einblicke in Andernachs Geschichte freigelegt hatten, rieten
davon ab, der Öffentlichkeit die römische Thermenanlage zu präsentieren. Römische Bäder gebe es schon in
vielen Städten und die Folgekosten seien zu hoch. Also schüttete die Stadt die Reste der Therme und eines
Getreidespeichers wieder zu und deutet ihre Existenz nur durch passende Pflanzen an (Lavendel symbolisiert
die Badeanlage). Ein Schildbürgerstreich - eine der ältesten deutschen Städte versteckt ihre römischen Relikte!
Dem Autor ist im nördlichen Rheinland-Pfalz allein das Bad der Römervilla in Bad Neuenahr-Ahrweiler be-
kannt. Im Gegensatz zur XXL-Einhausung der Villa am Silberberg hätten sich die Andernacher Funde sicher
bescheidener konservieren lassen, ohne ihren Schutz aufs Spiel zu setzen. Zuschütten sei die beste Konser-
vierung, meinen Schlaumeier, Geschichte solle im Boden bleiben - aber doch nicht, wenn der Boden nicht
überbaut wird! Ein historischer Garten ohne sichtbare Historie ist nur eine beliebige Grünanlage. Wie viel    
ist Andernach seine römische Vergangenheit wert - nachdem die Wühlmäuse so lange wühlen durften?
© 2009-2023 Wolfgang Broemser
Bohnenstangen statt Baustelle
Stiftung sorgt für ein Happy End

Die Grundstücke an der Hochstraße verkaufte die Stadt bereits 2015 an den Andernacher
Bauverein. Die traditionsreiche Genossenschaft erbaute hier für ihre Mitglieder zwanzig
barrierefreie Wohnungen, vier Maisonettewohnungen und eine Tiefgarage (s. Zeichnung
oben). Planer war das Architekturbüro Gesell, das schon das Mehrgenerationenhaus des
Bauvereins in der Karolingerstraße entworfen hatte.

Schwieriger verlief die Vermarktung des Grundstücks an der Konrad-Adenauer-Allee, im
Norden des ehemaligen Weissheimer-Geländes. Zuletzt war ein einheimischer Projekt-
entwickler mit dem Versuch gescheitert, hier ein Tagungs- und Wellnesshotel im Vier-
Sterne-Rang mit 100 Zimmern zu bauen; es fand sich offenbar kein Geldgeber. Das nötige
Kleingeld hatte erst die Stiftung eines ehemaligen Baustoffunternehmers parat, den ein sehr
persönliches Schicksal mit der Bäckerjungenstadt verbindet. Er errichtete in Rekordzeit das
Quartier "Am Römerpark", bestehend aus Mietwohnungen sowie einem etwas kleineren
Hotel mit Tagungsräumen und Rooftop-Gastronomie. Vielleicht hatte es der ehemalige
Industrielle wegen seines fortgeschrittenen Alters so eilig. Späte Karrieren, hier als Bau-
herr, sind die schönsten, weil sie niemand mehr erwartet hat.
Verflixt und zugebaut: Angesichts der fertiggestellten Reihenhäuser des Bauvereins an der
Hochstraße beschleicht einen das Gefühl, dass die Dreiteilung des Areals, die das Architektenbüro
der Stadt vorschlug, städtebaulich problematisch ist. Der freie Blick vom Rhein her auf Andernachs
Altstadt, auf das Kolpinghaus und den Merowingerhof, ist passé. Der Neubauriegel entfaltet, weil 
er deutlich höher liegt als der Archäologische Garten, eine unangenehme optische Dominanz.
Aufgrund seiner Tiefe staucht er die Ausdehnung des Gartens zusammen. Die Einfahrt zur Tief-
garage mit ihren voluminösen Betonwällen ragt weit ins Gelände hinein. Der Anblick der Rückfront
der Häuser mit ihren Balkonen, Terrassen und liegenden Fenstern ist wenig prickelnd.
"Ausgrabungen bedeuten immer eine
vollständige Zerstörung des archäologi-    
schen Originals."
Ja mei, warum sind Sie dann Archäologe
geworden, Herr Dr. Dr. Axel von Berg?
(Merke: Pompeji wurde durch den Vesuv
zerstört, nicht durch seine Ausgräber!)
"Oh, da will wohl einer mit mir
konkurrieren - aber beim Motzen
bin ich King, du kleines A...loch!" 
Motzki, Andernachs Chef-Motzer
(Nicht zu verwechseln mit der Figur
von Wolfgang Menge - die war
sympathischer.)